Birgit bäckt Brot. Und wenn sie das tut, dann muss es auch etwas Besonderes sein, etwas das ihr auch richtig schmeckt.
Also bäckt Birgit Baguette. Kann ja nicht so schwer sein… Immerhin müsste ich als Österreicherin das Baguettebacken ja im Blut haben. Denn, was viele nicht wissen: Dem Baguette werden österreichische Wurzeln zugesprochen. So gibt es Geschichten, dass eine Art von Baguette ursprünglich in Wien, während des Aufkommens der ersten Dampföfen Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden worden sei. Ein österreichischer Bäcker, der nach Frankreich übersiedelte – was zur damaligen Zeit unter österreichischen Bäckergesellen sehr populär war – brachte diese Backart nach Paris. Das sogenannte pain viennois soll die Pariser Bäcker zur schlanken Langform und den schrägen Oberflächeneinkerbungen des Baguettes inspiriert und seinen Kult begründet haben.
Erfahrungen und Baguette-Rezepte besaß ich allerdings nicht und so tauchte ich in die unendlichen Weiten der Brot-Blogs ab. Als Anfänger ist man zunächst mit einer Flut an Fachterminologie konfrontiert. Zudem gibt es Mehltypen die man nicht kennt – weil es Deutsche sind, wie man drei Google-Suchanfragen später feststellt – und wo um Himmelswillen gibt es Flüssigmalz zu kaufen? Also muss man als erstes ein umsetzbares Rezept finden. Und wenn man sich schon die Mühe macht um selbst zu backen, müssen natürlich auch Rohstoffe in Top-Qualität besorgt werden. Für all jene die nicht so gesegnet sind wie ich und die Bio-Mühle quasi um´s Eck haben: Auf www.genussland.at findet ihr jede Menge Mühlen und Direktvermarkter aus ganz Oberösterreich.
Tja und dann ist Freitagabend und die unerfahrene Baguette-Bäckerin Birgit stellt fest: Brotbacken braucht perfektes Time-Management. Statt zu entspannen heißt es jetzt also erstmal planen, statt selbstbestimmt in´s Wochenende zu starten, beherrscht mich nun statt meinem Kalender der Teig.
Zutaten
Als ich die Zutatenliste als absoluter Anfänger das erste Mal gesehen habe, war ich auf den ersten Blick mit vier Teigen konfrontiert und leicht überfordert. Dabei sind lediglich 3 Zutaten zu besorgen: Weizenmehl T700, Dinkelmehl T700 und Frischhefe. Wasser und Salz finden sich ja in jeder Küche. Heruntergebrochen ist der Rest ein Prozess, in dem die einzelnen Zutaten und Teige immer wieder miteinander vermischt und verknetet werden. Also, nur Mut!
Vorteig
- 200 g Dinkelmehl T700
- 200 g kaltes Wasser
- 0,2 g Frischhefe
Sauerteig
- 50 g Weizenmehl T700
- 40 g Wasser (45 °C)
- 0,5 g Anstellgut
Autolyseteig
- Vorteig
- 750 g Weizenmehl T700
- 400 g kaltes Wasser
Hauptteig
- Sauerteig
- Autolyseteig
- 2 g Frischhefe
- 20 g Salz
Arbeitsschritte eines Back-Wochenendes
Freitagabend
Für den Vorteig einfach Dinkelmehl, Wasser und Frischhefe vermischen und bei Zimmertemperatur (20 Grad), abgedeckt 12 Stunden ruhen lassen. Im zweiten Schritt sieht das Originalrezept vor die Sauerteigzutaten einfach zu mischen und 10 bis 12 Stunden bei 27 Grad reifen zu lassen. Bei eingeschalteter Ofenlampe habe ich knappe 30 Grad geschafft und meinen Sauerteig in einer kleinen, abgedeckten Glasschüssel rund 11 Stunden Zeit zum Reifen gegeben. Mein Anstellgut stammte natürlich nicht vom gut gehegten und gepflegten vorhanden Weizensauerteig. Denn wenn´s mal schneller gehen muss bekommt ihr Anstellgut auch beim Bäckermeister eures Vertrauens!
Samstagvormittag
Nachdem der Vorteig – zumindest 12 Stunden – gereift ist, wird er mit Mehl und Wasser vermischt zum Autolyseteig. Dieser ruht abgedeckt und bei Zimmertemperatur gleich mal wieder eine Stunde. Nach dieser Stunde ist es soweit, alle Zutaten (Autolyseteig, Sauerteig, Hefe und Salz) werden zum Hauptteig. Dafür habe ich die Maschine rund fünf Minuten kneten lassen.
KNETEN, FALTEN, FORMEN, KNÖPFEN…
Für das Original Hüttenbaguette war nach dem Mischen des Hauptteigs eine Ruhezeit von zehn Stunden bei 18 Grad vorgesehen. In den ersten drei Stunden sollte stündlich gedehnt und gefaltet werden. Da ich etwas unter Zeitdruck stand, das Baguette musste am Abend fertig sein, habe ich ein bisschen geschummelt und bin meinen eigenen (Mittel)Weg gegangen. Somit wurde dem Teig eine Ruhezeit von acht Stunden bei Zimmertemperatur gegönnt und während der ersten drei Stunden sechs Mal gedehnt und gefaltet. Die Erfahrung zeigt: Zeit bedeutet Geschmack! Also wählt keine Abkürzung und gebt dem Teig am besten noch mehr Zeit zum Rasten.
Dann geht´s ans Portionieren – mein Teig wurde zu insgesamt sechs Teiglingen (zwischen 250 und 290 g), aus denen die Baguettes vorgeformt werden. Danach hieß es erneut Ruhen, diesmal für 30 Minuten und anstatt im Bäckerleinen auf dem Baguette-Blech. In einem Youtube Video habe ich dann noch einen weiteren, interessanten Ansatz gefunden. Nachdem es sich um eine Französin handelte, schrieb ich ihr großes Baguette-Know-How zu und baute einen weiteren Schritt des Formens ein. Das Baguette wurde dabei leicht auseinandergezogen und in der Mitte zusammen geknöpft. Danach wurde es bereits am Baguette Blech leicht gerollt und erneut für 45 Minuten zum Ruhen beiseite gestellt. Unmittelbar vor dem Backen wurden die Baguettes mit einem scharfen Messer schräg und tief eingeschnitten und mit Mehl bestäubt. Das Backrohr war indes, mit einem Backblech auf unterster Schiene, auf 250 °C vorgeheizt. Das Baguette-Blech wurde am Rost auf mittlerer Schiene eingeschoben und Wasser im Backblech eingegossen, um mit Dampf zu backen. Backzeit 20 Minuten.
Das Ergebnis
Als ich das Backrohr öffnete war ich überrascht, ja direkt verblüfft. Die Wohnung duftete nach frischem Brot, die Kruste meines Baguettes sah zum Anbeißen aus. Natürlich bietet Birgit´s Baguette noch jede Menge Optimierungspotenzial, aber Hauptsache es schmeckt. Also traut euch und startet auch euer Baguette-Experiment!